Nach dem besiegelten Bundesliga-Abstieg macht Präsident Rüdiger Fritsch aus seiner Unzufriedenheit keinen Hehl und kündigt eine umfassende Analyse der Fehler an. Zugleich stellt der Vereinschef aber auch klar, dass man nicht alles von A bis Z in Frage stellen werde und bekräftigt seine Rückendeckung für Trainer Torsten Lieberknecht.
Herr Fritsch, das Szenario Bundesliga-Abstieg schwebte schon länger über den Verein. Jetzt ist der Abstieg fix. Wie bescheiden fühlt sich das dann heute trotzdem an?
Bescheiden. Oder auch beschissen. Je nach dem, welche Wortwahl man treffen möchte. Keine Ahnung, ob das jetzt ein schlauer Vergleich ist: Aber das ist wie mit der 102-jährigen Oma, bei der man weiß, dass es irgendwann soweit ist. Dann ist es soweit. Und dann ist es trotzdem immer sehr, sehr traurig. Hier hat auch jeder gewusst, dass es passiert. Und es war auch klar, dass es nicht am letzten Spieltag passiert. Dafür haben wir in der Saison zu viel Murks erleben müssen.
War die Partie gegen Heidenheim heute symptomatisch? Man hat eigentlich ein ganz gutes Spiel gemacht hat, aber am Ende hat es halt wieder nicht gereicht?
Das haben wir auch gerade so besprochen mit der Mannschaft. Es war wieder einer, der tritt über den Ball. Und wenn man zu oft über den Ball tritt, kommt über die Saison gesehen halt sowas heraus. Das Spiel ist ein Sinnbild der Saison.
Ein Wort zur Reaktion der Fans nach Spielende?
Daran sieht man: Hier wird nichts untergehen. Und es bricht auch nichts zusammen. Im Endergebnis ist – ganz vernünftig und sachlich analysiert – ja jetzt nichts passiert, was nicht vorhersehbar war. Das Problem ist eher das Wie. Nicht das Ob. Wir werden das natürlich aufarbeiten müssen. Wir werden schauen müssen, was alles nicht so gut gelaufen ist, was man alles hätte besser machen können. Wenn ich sage, hier bricht nichts zusammen, hat das nicht nur etwas mit Finanzen und mit dem Zusammenhalt intern, sondern mit den Fans hier zu tun. Wir werden jetzt ein paar Tage traurig sein und dann gilt: Helm auf, Visier hoch und es geht in die neue Saison.
Im Hintergrund feiert Heidenheim hier den Klassenerhalt, Darmstadt steigt ab. Tut das weh, dass die das hier dürfen?
Heidenheim hatten von Anfang an das, was wir nicht hingekriegt haben: eine Grunddynamik, eine Konstanz, einen Flow – so wie wir das übrigens in der Saison 2015/ 16 hingekriegt haben. Heidenheim ist auch ein kleiner Verein, der das anständig macht. Da kann man nur mit Hochachtung sagen: Glückwunsch und gut gemacht.
Und Darmstadt macht mit dem gleichen Trainer weiter …
Sehen sie sich doch mal um, ob in der ersten oder zweiten Liga. Die Erfolgsquote bei Trainerwechseln liegt – glaube ich – bei 30 zu 70. Trainerwechsel bedeuten ja auch nicht nur, dass man den Namen austauscht und dann kommt ein anderer, und der stellt die Hütchen links auf und der andere rechts auf. Der Verein stellt sich auf so etwas ein. Wir haben uns mit Torsten Lieberknecht in den vergangenen Jahren auf ein gemeinsames System, auf eine gemeinsame Arbeitsweise, gemeinsame Ziele eingestellt, dass wir immer anständigen Fußball bieten wollen. Im Endeffekt ist der Abstieg von Darmstadt 98 nichts, wofür man alles von A bis Z in Frage stellen muss. Darf man auch nicht, im Gegenteil: Man muss mal gucken, was wir die letzten Jahre hier zusammengebracht haben, alle gemeinsam. Wir wollen hier etwas aufbauen, längerfristig. Und Heidenheim mit Trainer Frank Schmidt ist doch gerade das beste Beispiel.
Sie haben gesagt, sie sind diese Saison nicht in einen Flow gekommen. Es gibt ja aber sicher noch mehr Gründe, weswegen es diese Saison nicht geklappt hat?
Ja, wir haben noch ein paar andere Sachen im Kopf. Aber heute Abend sollten wir zunächst mit der Situation umgehen. Wenn wir in der in der Sommervorbereitung sind, werden wir sicher noch ein paar Dinge aufarbeiten. Die Saison ist aber noch nicht zu Ende, deswegen sollten wir sie fairerweise zu Ende spielen. Dann wird man die Dinge ansprechen, dann wird man sie offen analysieren und dann werden wir gucken, dass wir es beim nächsten Mal besser machen.
(aufgezeichnet mit Rüdiger Fritsch in der Mixed Zone nach dem Spiel)
Euch gefällt der Lilienblog? Dann gebt uns doch einen aus, unterstützt damit unsere Arbeit und fördert die Medienvielfalt in Südhessen und rund um den SV Darmstadt 98.
Bildquellen
- IMG_3719: Stephan Köhnlein