Dem SV Darmstadt 98 fehlt es aktuell an Stabilität. Das räumt auch Trainer Florian Kohfeldt offen ein – und nenntden aus seiner Sicht entscheidenden Grund dafür: „Da reden wir über Führungsspieler, da reden wir über Anker, über Säulen“, sagte er. Zielsetzung für die laufende Saison sei es, die Mannschaft zu stabilisieren und Spieler in diese Rollen zu entwickeln, weil die bisherigen Führungsspieler aufgrund des Umbruchs, ihres Alters oder wegen Verletzungen diese Rollen nicht mehr ausfüllen konnten. Doch dieses Vorhaben ging bislang nur sehr bedingt auf.
Da sei zum Beispiel Christoph Zimmermann (32), der lange eine emotionale Säule der Mannschaft gewesen sei. Doch in dieser Saison kam er in der Liga gerade einmal eine Minute zum Einsatz – beim 5:3 auf Schalke in der Hinrunde. Seither fehlt er – nach Aussagen des Vereins mit Knieproblemen.
Der langjährige Kapitän Fabian Holland (34) fällt nach seinem Kreuzbandriss im vergangenen Frühjahr weiter aus. Vielleicht schafft er es diese Saison noch in den Kader, wie Kohfeldt sagte. Dass er jedoch dann noch eine tragende Rolle auf dem Feld übernehmen wird, gilt als extrem unwahrscheinlich.
Auch Klaus Gjasula und Tobias Kempe hätten die Mannschaft über Jahre hinweg getragen, sagte Kohfeldt. Doch Gjasula verließ den Verein nach einer schwachen und von Krankheit durchsetzten Hinrunde Richtung Drittligist Rot-Weiss Essen. Und auch der 35-jährige Kempe hat offenbar nicht mehr die Power der früheren Jahre, wie auch nach seiner Einwechslung gegen Magdeburg deutlich wurde. Da ging er mit der Mannschaft in der letzten halben Stunde unter. Seine auffälligste Aktion war eine Gelbe Karte.
Führungspotenzial der etatmäßige Doppel-Sechs fehlt
Schon früh wollte Kohfeldt eine neue emotionale Achse in der Mannschaft des SV Darmstadt 98 bilden. Dabei spielt die Doppel-Sechs eine zentrale Rolle. Neuzugang Paul Will zeigte dort zu Saisonbeginn, dass er Potenzial hat. Doch kurz nach Kohfeldts Amtsantritt wurde bei ihm ein Kreuzbandriss diagnostiziert.
Auch Kai Klefisch ist für den Coach ein „ganz entscheidender Faktor“. Der Neuzugang aus Paderborn kann die Mannschaft mit Kampf, Emotion und Charisma mitreißen. Ende Januar zog er sich jedoch gegen Nürnberg eine Leistenverletzung zu, die ihn noch für ein paar Wochen zum Zuschauen zwingt.
Philipp Förster, der aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung ebenfalls eine Führungsrolle hätte übernehmen können und das in der Hinrunde auch zeitweise tat, tauchte in der Rückrunde ab. Nun fehlt er krankheitsbedingt auf unbestimmte Zeit (siehe Lilienblog-Bericht).
Riedel auf sich allein gestellt
Fabian Nürnberger, der ebenfalls über reichlich Zweitliga-Erfahrung verfügt, katapultierte sich mit seiner dummen Roten Karte für Wochen ins Aus. Auch Andreas Müller, der im defensiven Mittelfeld spielt, hatte Kohfeldt diese Rolle zugetraut, wie er in der Hinrunde nach dem 3:3 beim Karlsruher SC gesagt hatte. Doch der Blondschopf zeigt sich noch zu wechselhaft.
Bleibt Clemens Riedel, der sich als jüngster Mannschaftskapitän im deutschen Profifußball redlich müht. Wie wichtig er ist, zeigte das Magdeburg-Spiel, als er gelb-gesperrt fehlte: Die wackelige Abwehr ließ vier Tore zu – so viele wie zuvor in dieser Saison nur beim desaströsen 0:4 in Elversberg zu Saisonbeginn. Aber die Verantwortung allein auf den 21-Jährigen abzuschieben, wäre unfair.
Dieser Name überrascht auf Kohfeldts Liste
Ein weiterer Name auf Kohfeldts Liste der möglichen Führungsspieler überrascht dagegen etwas: Fraser Hornby. Bei dem englisch-schottischen Angreifer habe er von Tag eins dessen Potenzial gesehen, sagte der Coach. Allerdings hat Hornby in dieser Saison immer wieder mit kleineren Verletzungen zu tun und genießt zudem nicht bei allen Darmstädter Fans hohes Ansehen.
Klammert man Müller aus, so war Hornby jedoch gegen Magdeburg der einzige Spieler von Kohfeldts Führungsspieler-Liste, der zugleich bester Lilien-Spieler war. „Du bekommst nach einem wirklich sehr guten Spiel einen Rückschlag, bei dem du denkst: Wie kann dieses Tor fallen?“, sagte der Coach. „Und dann ist von den Spielern, die in diesen Momenten die Mannschaft emotional zusammenhalten sollen und auch müssen, nur einer auf dem Platz.“
„Diese Führung hat nicht stattgefunden“
Keine Mannschaft der Welt, werde es schaffen, beliebig viele Spieler in solche Rollen zu entwickeln. „Das braucht eine gewisse Zeit, das braucht aber auch ein gewisses Standing innerhalb der Gruppe, die du nicht beliebig jedem Spieler geben kannst“, erklärte der Lilien-Coach.
Nicht fehlender Einsatz oder Wille sei der Grund für die Niederlage in Magdeburg gewesen. Vielmehr hätte das Team jemanden gebraucht, der klargemacht hätte, dass es die nächsten 20 Minuten nach dem Gegentor nur darum geht, das Tor zu verteidigen. Egal was passiert. Und dann zu sehen, ob man vielleicht in der Schlussphase selbst noch ein Tor erzielen könne. „Diese Führung hat auf dem Platz nicht stattgefunden.“
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Bildquellen
- SVD-f95-2024-25-blog-0028: Arthur Schönbein