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Ex-Lilien im Gespräch: Aufstiegs-Coach Kosta Runjaic

Kosta Runjaic

Führte die Lilien in die 3. Liga: Kosta Runjaic.

Vor dem letzten Auswärtsspiel der Saison 2024/25 der Lilien beim 1. FC Kaiserslautern führt uns der Weg für unsere Serie „Ex-Lilien im Gespräch“ nach Italien – genauer gesagt nach Udine, wo Ex-Lilien-Coach Kosta Runjaic inzwischen das Zepter schwingt.

Für nicht wenige hartgesottene Lilien-Fans – und auch für den Autor dieses Beitrags – zählt Kosta Runjaic mit zu den Architekten des Darmstädter Fußball-Wunders, das 2015 mit dem sensationellen Durchmarsch von der dritten Liga bis in die Bundesliga seinen Höhepunkt fand.

In 91 Spielen trug der gebürtige Wiener zwischen März 2010 und September 2012 die Verantwortung an der Seitenlinie für den SV 98. Unter seiner Leitung hielten die Lilien zunächst die Regionalliga. Ein Jahr später folgte nach einem 4:0 gegen den FC Memmingen am 28. Mai 2012 der Aufstieg in die 3. Liga.

Über Duisburg auf den Betze

Mit den Lilien hielt er dort im ersten Drittliga-Jahr die Klasse. Wenige Monate nach Beginn der darauffolgenden Saison wechselte „Coach Kosta“ im September 2012 zum Zweitligisten MSV Duisburg. Nach dem Aus beim MSV schloss er sich kurz danach dem 1. FC Kaiserlautern an. TSV 1860 München sowie Pogon Stettin und Legia Warschau in Polen waren die weiteren Stationen, bevor sich Runjaic im Juli 2024 Udinese Calcio anschloss.

Gude – oder besser: Buongiorno, Kosta! Schön, nach so vielen Jahren mal wieder mit dir zu sprechen. Zum letzten Mal haben wir uns 2012 in Darmstadt gesehen. Seitdem bist Du ja ein wenig rumgekommen. Wo erreiche ich dich denn gerade?

In Udine – aber nicht beim Cappuccino-Trinken, sondern in der Trainerkabine (lacht). Wir wollen mit meinem Klub Udinese in den letzten drei Spielen der Serie A eine starke Saison abrunden. Gerade nach den letztjährigen Erlebnissen, als am allerletzten Spieltag gerade so der Klassenerhalt erzielt wurde, ist unsere Motivation groß, punktemäßig das beste Ergebnis der letzten zwölf Spieljahre für den Verein zu erzielen. Es fehlen uns dazu noch vier Punkte.

Vervollständige doch bitte folgende Sätze: Wenn ich an meine Zeit bei den Lilien denke, denke ich vor allem an…

… den 21. Mai 2011, es muss kurz vor 16 Uhr gewesen sein: Yannick Stark erzielte drei Minuten vor Spielschluss am vorletzten Spieltag im Derby der Regionalliga Süd das 2:1 für uns gegen Wormatia Worms. Und alle haben nur noch geschrien vor Glück, die Spieler, unsere 4.000 Fans, die nach Worms mitgekommen waren, ich natürlich auch. Wir waren dem Aufstieg ganz nahe – eine Woche später, nach einem 4:0-Heimsieg gegen Memmingen im ausverkauften Böllenfalltor vor 17.000 Zuschauern, war es dann soweit – Wahnsinn!

Ich denke, diese Regionalliga-Meisterschaft 2011 mit dem Aufstieg in die 3. Liga und Rückkehr nach 18 Jahren in den Profifußball war das Fundament für alles, was seitdem folgte. Heute spiele ich in der Serie A gegen Teams wie Inter Mailand, Juventus Turin, SSC Neapel, doch ich kenne die Namen unserer Mannschaft von 2011 alle noch: Jan Zimmermann im Tor, Fouad Brighache, Sascha Amstätter, Yannick Stark, Boris Kolb, Sven Sökler, Oliver (Killer-)Heil und so weiter, und so weiter…

Wenn ich an meine Zeit beim FCK denke, denke ich als erstes vor allem an…

…den Fussball, den wir in der Saison 2014/15 spielten. Stefan Kuntz und ich haben in dieser Spielzeit den jüngsten Kader der 2. Liga gebildet – ein spielerisch starkes Team mit vielen Talenten, und tatsächlich dominierten wir sehr, sehr oft unsere Partien mit einem mitreißenden Kombinationsfußball. Wir hatten ständig vier, fünf 20- oder 21jährige auf dem Platz, Kerem Demirbay, Kevin Stöger, Philip Hofmann, Dominique Heintz, Amin Younes, dazu einen 23 Jahre alten Willi Orban. Aber leider muss ich dann auch schon an ein Spiel in Darmstadt denken, ein 2:3 drei Spieltage vor Schluss. Da entglitt uns der Aufstieg.

Am Sonntag drücke ich … die Daumen, weil…

… Ihr habt diesen Fragebogen ja schon anderen Fußballern und Trainern vor mir vorgelegt und ich wette, den Satz hat noch nie jemand eindeutig vervollständigt (lacht). Und natürlich kann ich auch nicht eindeutig für einen Klub Partei ergreifen, weil ich an beide Vereine, Darmstadt wie Kaiserslautern, tolle Erinnerungen habe.

Das Geilste an den Lilien war/ist…

…dass sie ein etablierter, seriös strukturierter Profiklub geworden sind und trotzdem immer noch nahbar geblieben sind, ein Klub, in dem die Menschen etwas zählen.

Meine schönste Zeit als Trainer hatte ich bei…

… Jede Station hatte ihr Herausforderungen und prägte mich als Trainer und Mensch. Meine längste Zeit als Trainer hatte ich bei Pogon Stettin, einem Klub, der auf dem letzten Platz der polnischen Ekstraklasa lag, als ich ankam. Dementsprechend hatte ich nur gehört: „Da kannst du doch nicht hingehen!“ Doch mit allen Beteiligten bei Pogon schaffte wir es nicht nur, aus der Mannschaft ein polnisches Spitzenteam zu machen, sondern in meinen viereinhalb Jahren konnten wir den ganzen Verein auf ein völlig neues Niveau heben, mit Stadionbau, höherem Budget und strukturierten Arbeitsprozessen.

Meine ungewöhnlichste Zeit hatte ich in/bei…

… 1860 München, und da bin ich sicher nicht der einzige Trainer, der das sagt. Die – ich sag mal: unorthodoxen – Abläufe bei 1860 sind ja bekannt. Es ist aber trotzdem im Herzen ein sagenhafter Verein, mit den Rentnern, die jeden Morgen in der Gaststätte „Löwenstüberl“ direkt am Trainingsplatz sitzen und der Bedeutung, die der Verein trotz aller Pannen in der Stadt München unverändert hat.

Am Saisonende landen die Lilien auf dem… 

…12. Platz und der FCK auf dem 3. Platz. Viel mehr Spielraum gibt es für die Lilien in der Tabelle zwei Spieltage vor Schluss ja nicht mehr. Und ob Kaiserlautern als Dritter dann die Aufstiegsspiele gegen den Drittletzten der Bundesliga gewinnt – da könnt Ihr besser einen Hellseher als mich befragen.

Kosta, herzlichen Dank für das tolle Gespräch. Hab noch eine tolle und erfolgreiche Zeit in Udine. Und bis hoffentlich bald mal wieder am Bölle.

Das Gespräch führte Christoph Sicars

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Bildquellen

  • Kosta Runjaic: Arthur Schönbein
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