Florian Kohfeldt sprach nach dem klaren Sieg im Testspiel gegen Aschaffenburg ausführlich über positive Aspekte und kleinere Mängel, über Systemfragen und das Drama um Jean-Paul Boetius. Nur zu Marvin Mehlem wollte er nicht viel sagen.
Herr Kohfeldt, 4:1 gegen Aschaffenburg gewonnen. Ein standesgemäßer Sieg?
Es hätten schon ein paar Tore mehr sein können. Ich glaube Chancen waren mehr als genug dafür da. Ein bisschen ärgerlich war das Gegentor, weil wir da hinten nicht rausgehen. Aber die Jungs hatten gestern die erste Einheit defensiv mit dem neuen System. Das hat man nicht nur beim Gegentor gesehen, sondern auch bei der Staffelung der Sechser oder der Dreierkette. Insgesamt bin ich jedoch sehr zufrieden. Wir haben physisch komplett durchgezogen und zu keinem Zeitpunkt gedaddelt. Wir haben unser Pressing über 90 Minuten durchgezogen. Alle sind gesund. Ich habe ein paar Abläufe gesehen, die ich gut fand. Und ich habe gesehen, dass wir in beiden Halbzeiten, aber insbesondere erste Halbzeit, deutlich mehr Tore hätten schießen müssen. Das war jetzt unser letztes Spiel hier in der Region. Es war uns sehr wichtig, dass wir uns hier zeigen.
Wie gegen Traisa haben sie auch jetzt gegen Aschaffenburg in der ersten Halbzeit im Viererkette und der zweiten Halbzeit mit Dreierkette gespielt. Bleibt die Viererkette wie in der vergangenen Saison trotzdem das bevorzugte System?
Wir haben letztes Jahr auch schon Dreierkette offensiv gespielt. Aber es war schon für uns eine klare Idee, da nicht beliebig zu werden, sondern im Grunde zwei Systeme zu haben. Der Vorteil ist in der Dreierkette, dass du offensiv den Flügel breit und hoch besetzen kannst. Und man muss ja auch sagen, dass wir jetzt wirklich eine hohe Qualität an Innenverteidigern im Kader haben. Aber was wir am ersten Spieltag spielen, weiß ich noch nicht. Und das ist auch gut, dass das die anderen es auch nicht wissen (grinst). Mir ist wichtig: Wenn man jetzt sich von der Grundordnung löst, hat man sowohl in erster und zweiter Halbzeit die gleiche Idee vom Spiel gesehen, die gleiche Idee vom Fußball.
Der ersten Halbzeit gab es ein paar Ballverluste in der Vorwärtsbewegung – etwa bei Maglica oder Marseiler. War das Unkonzentriertheit?
Besonders ärgerlich war das für die Jungs, weil sie dann wieder hinterherrennen mussten. Aber das haben sie dann gut gemacht. Aber klar, da waren ein, zwei Situationen, in denen wir unnötig einen Zweikampf suchen, den wir nicht suchen müssen. Auch Clemens hatte ein oder zwei Situationen, in denen er sich gedreht hat. Er hat die Woche mal auf der Sechs trainiert. Vielleicht hat er daran gedacht (grinst). Aber trotz dieser Ballverluste waren alle fokussiert. Und das war auch meine Erwartung.
Vor dem Spiel kam die Nachricht, dass Jean-Paul Boetius ein paar Wochen fehlen wird. Das ist für ihn bitter und für die Mannschaft sehr bitter. Braucht man jetzt einen neuen Offensivspieler von seinem Typ?
Wir hatten mit Djanga darüber gesprochen. Es war ein Traum für ihn, den Gold Cup zu spielen. Das verstehe ich. Deshalb haben wir gesagt: Okay, du machst Urlaub, dann gehst du dahin, dann steigst du sofort ein. Dass es am Ende in einer Verletzung mündet, ist zuallererst für ihn sehr schade. Denn nach seiner Vorgeschichte war klar: Diese Vorbereitung ist unglaublich wichtig für ihn, um Rhythmus zu haben. Djanga kann auf der Sechs und auf der Zehn spielen. Er ist im Mannschaftskreis unglaublich anerkannt aufgrund seiner Erfahrung. Er wird mit ins Trainingslager kommen, auch wenn er wahrscheinlich nicht trainieren kann. Aber das soll auch zeigen, wie wichtig er ist für den Mannschaftsverbund ist. Er ist heute auch auf mich zugekommen und wollte das unbedingt, weil er Teil dieser Mannschaft sein will. (Anmerkung: Boetius war auch zum Testspiel nach Reichelsheim mitgereist und über die gesamte Zeit bei seinen Mitspielern am Spielfeldrand)
Gibt es denn einen neuen Spieler, der ähnlich ähnlich veranlagt ist …
Vielleicht (grinst)
… und über den wir seit Trainingsbeginn vor eineinhalb Wochen als möglichen Neuzugang für die Offensive spekulieren?
Ich finde, dass sich die gewohnt kritische Darmstädter Journaille seit Trainingsbeginn nicht über die Neuzugänge-Taktung beschweren kann (schmunzelt). Ich habe es ja schon ein paar Mal gesagt: Wir haben noch eine oder zwei Ideen, wobei ich damit nicht meine, dass wir unbedingt noch zwei Spieler holen wollen. Aber wir geben uns auch die Ruhe, dass wir sagen: Wir schauen uns an, was da ist. Wenn ich heute zum Beispiel Fynn sehe, wie er das erste Tor macht, dann muss ich sagen: Das habe ich in der gesamten letzten Saison nicht von ihm gesehen. Auch wenn es ein Regionalligist war – wie er den Ball attackiert, wie er da reingeht. Also: Wir haben noch Ideen, aber wir werden uns nicht treiben lassen. Deshalb bin ich froh, dass ich jetzt eine Woche kein Testspiel habe. Da muss ich eine Woche nichts zu Neuzugängen sagen (grinst).
Ganz direkt gefragt: Könnte Marvin Mehlem die gesuchte Verstärkung für die Offensive sein?
Warum? Der steht doch bei Hull City unter Vertrag?
Aber so richtig glücklich ist er da nicht. Und der könnte in Darmstadt in der Offensive die Spielmacher-Rolle übernehmen …
Marvin hat sicherlich hier eine herausragende Vergangenheit in Darmstadt. Aber ich werde ganz sicher nicht Namen kommentieren. Wir haben Möglichkeiten Dinge umzusetzen. Aber die sind im Ligavergleich sehr beschränkt. Deswegen müssen wir sehr genau abwägen, was und vor allen Dingen wann wir etwas machen. Es geht ganz allgemein darum, dass wir ein gutes Timing haben müssen für unsere Transfers. Paddy Pfeiffer waren so ein Timing Transfer, Ich glaube, eine Woche später hätten wir nicht mehr gekriegt. Deshalb können wir nicht mit dem großen Netz fischen. Wir müssen die Angel auswerfen und den einen finden. Das war doch ein schönes Bild, oder? (lacht)
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Bildquellen
- IMG_5038: Stephan Köhnlein