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Immer wieder ist von Vereinsseite zu hören, dass der SV Darmstadt 98 finanziell im Vergleich zu anderen Vereinen der 2. Bundesliga im Nachteil ist. Understatement oder realistische Einschätzung? Die Antwort fällt je nach Blickwinkel unterschiedlich aus, wie eine Analyse von Lilienblog-Autor Linus Moerschel zeigt. 

Gewinn

Die letzten Zahlen, die der SV Darmstadt 98 herausgegeben hat, stammen aus dem Oktober 2024. Bei der damaligen Mitgliederversammlung verkündete der Verein im Geschäftsjahr vom 1. Juli 2023 bis 30. Juni 2024 einen Gesamtumsatz von 61,95 Millionen Euro und einen Gewinn nach Steuern von 5,42 Millionen Euro. Im Ligavergleich liegt der SV Darmstadt 98 mit diesem Gewinn auf Platz eins. Lediglich fünf weitere Vereine in der 2. Bundesliga konnten laut den von der DFL veröffentlichten Finanzkennzahlen (->) zum Ende des Geschäftsjahres überhaupt ein positives Ergebnis verbuchen.

Fernsehgelder

Für die Verteilung der Fernsehgelder hat die Deutsche Fußball Liga (DFL) ein Vier-Säulen-Modell entwickelt. Diese vier Säulen beinhalten die Gleichverteilung von 50 Prozent aller Gelder auf die jeweiligen Vereine je nach Ligazugehörigkeit. In der zweiten Säule wird eine Fünfjahreswertung nach reeller Leistung herangezogen, in der die Lilien im Ligavergleich gut dastehen. Zudem wird in kleinen Teilen die Nachwuchsarbeit und das allgemeine Interesse am Verein berücksichtigt. Laut einem Bericht des „Kicker“ (->) verteilt die DFL etwa 213 Millionen Euro an die Vereine der 2. Liga. Davon erhält der SV Darmstadt 98 für die Saison 2025/26 13,92 Millionen Euro und liegt damit auf dem fünften Platz.

Ticket- und Stadioneinnahmen

Es gibt aktuell keine genauen Angaben darüber, wie viel Geld die Vereine der 2. Bundesliga durch Ticket- und Stadioneinnahmen generieren. Mit einem Fassungsvermögen von 17.810 Zuschauern hat der SV Darmstadt im Vergleich zum größten Teil der anderen Zweitligisten allerdings einen deutlichen Nachteil, liegt damit im unteren Drittel der Liga. Vereine wie Hertha BSC, Schalke oder Düsseldorf haben mehr als die dreifache Stadionkapazität und können so deutlich höhere Einnahmen erzielen.

Allerdings besitzt der SV Darmstadt 98 im Gegensatz zu Vereinen wie Hertha BSC oder dem 1. FC Kaiserslautern das Stadion selbst. Seit Ende 2017 ist das Merck-Stadion am Böllenfalltor wieder im Eigentum des Vereins und wird von der Tochtergesellschaft SV Darmstadt 98 Stadion GmbH betrieben. Perspektivisch eröffnet das ein gewisses Einnahmepotenzial. Allerdings muss der Verein noch über viele Jahre hinweg die Kosten für den kreditfinanzierten Stadionumbau abbezahlen.

Einen Aufschluss über die Ticketeinnahmen bieten etwa die durchschnittlichen Werte der Liga. In der abgelaufenen Saison lag der Durchschnittspreis für ein Ticket in der 2. Bundesliga bei 24,70 Euro. Bei den Heimspielen in der Saison 2024/25 waren im Schnitt 17.445 Zuschauer vor Ort. Nach Lilienblog-Berechnungen lagen die Einnahmen pro Spiel also bei 430.891,50 Euro, was auf die Saison gesehen 7.325.155,50 Euro in die Kassen des Vereins spülte. Davon abgezogen werden müssen allerdings diverse Betriebskosten oder der Sicherheitsdienst.

Sponsoring

Auch in Bezug auf die Sponsoreneinnahmen halten sich die Vereine der 2. Bundesliga weitgehend bedeckt. Bei den Trikotsponsoren herrscht im Gegensatz zur Bundesliga auch keine Klarheit. Laut einem Bericht des Deutschen Instituts für Marketing (->) kassieren die Lilien etwa zwei Millionen Euro jährlich von Trikotsponsor Haix und erhalten damit den fünfthöchsten Betrag der zehn Vereine, bei denen eine Summe angegeben ist. Wie viel Geld der SV Darmstadt 98 durch seine weiteren Partnerschaften verdient, ist nicht bekannt.

Transfermarkt und Personal

Die Lilien haben in den vergangenen Jahren keine großen Summen auf dem Transfermarkt bezahlt, allerdings lange auch keine großen Einnahmen erzielt. Mit dem Verkauf von Clemens Riedel an Espanyol Barcelona wurde allerdings erst vor wenigen Wochen einer der höchsten Transfererlöse der Vereinsgeschichte erzielt. Bereits 2024 hatte der Verein zum dritten Mal in den vergangenen fünf Jahren ein Transferplus erzielt. In der abgelaufenen Sommertransferperiode hat der SV Darmstadt 98 laut transfermarkt.de 1,20 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. Damit liegt er auf Rang 12 in dieser Kategorie.

Wichtig sind auch die Personalausgaben allgemein, also die Gehälter von Spielern und Mitarbeitern. Aus den bei der DFL veröffentlichten Finanzkennzahlen der Zweitligisten geht hervor, dass die Lilien die sechsthöchsten Personalaufwendungen der Liga verzeichneten.

Fazit

Das Finanzkonstrukt eines Profi-Fußballvereins ist komplex. Abgesehen von der Stadionkapazität steht der SV Darmstadt 98 bei den hier betrachteten Kennzahlen jedoch gut bis sehr gut da. Das ist vor allem das Ergebnis eines soliden Wirtschaftens des langjährigen Präsidiums und der Geschäftsführung. Dabei wird aber auch gerne weiter das Bild vom Underdog gepflegt. Etwas mehr Mut gerade in der Transferpolitik wäre vor dem Hintergrund der hier genannten Zahlen durchaus möglich. Auf der anderen Seite: Wieso vom bisherigen Kurs abweichen, wenn man – wie aktuell – auch so sportlich erfolgreich ist?

(Korrigierte und ergänzte Fassung, mit Einordnung des Riedel-Transfers, Hinweis auf den Stadionkredit)

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Bildquellen

  • SVD-waldhof-ebs-2025-26-blog-0075: Arthur Schönbein

11 Kommentare

  • Wolfgang Leiwey sagt:

    Vielen Dank, Linus. Nun haben wir einen groben Überblick über die Finanzen unserer 98er. Wir sind zwar nicht der Klassenprimus, haben aber genug Kapital, um unser Personal zu verstärken beziehungsweise die Kaderqualität zu erhalten.

  • Astrid L. sagt:

    Man nehme nur mal den Vergleich zu einem hessischen Nachbarn, der (nur) eine Liga höher spielt und von einigen hier ja allen Ernstes als Rivale bezeichnet wird.
    Dort machen nur die Transfererlöse für 3 Spieler (Kolo-Muani, Marmoush und Etikite) das 5-fache (in Worten das FÜNFFACHE !!!)
    des Jahresumsatzes vom SV98 aus.
    Der Riedel Transfer ist dort – laut Bericht – der Rekordverkaufserlös seit 2016 (also seit fast 10 Jahren !!!).
    Und dieser Transfererlös hat in etwa die Höhe der Kosten für die Ausstattung der Toiletten am Riederwald für ein ganzes Jahr.

    • Heiner81 sagt:

      Wozu genau nehme man nun diesen Vergleich? Wir könnten uns auch mit dem FC Barcelona oder Kickers Offenbach vergleichen. Geht alles und böte auch Gelegenheiten für Ausrufezeichen.

  • General_Versio sagt:

    Sehr interessanter Beitrag, die Finanzpolitik interessiert mich schon lange. Danke für die Aufschlüsselung

  • Benny sagt:

    Hallo lieber Linus und Stephan,

    es freut mich, dass ihr meinem Wunsch nachgegangen seid, dass Finanzkonstrukt der Lilien aufzuschlüsseln.
    Wir hatten ja mal geschrieben (Stephan) Danke euch.

    Gruß
    Benny

  • Katze vom Bosporus sagt:

    Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, hat mal jemand gesagt.
    Wenn das mit den Finanzen so stimmt, wie ich gelesen habe, dann hat man doch in dem Haifischbecken,,, Profi-Fußball,,,, gut gewirtschaftet. Schön wenn man nachlegen kann.
    Leider könnte das Stadion tatsächlich etwas mehr Kapazität haben.
    Ich finde man sollte nicht mit aller Gewalt mit den großen Hunden pinkeln gehen, wenn man das Bein nicht heben kann. Deshalb kann ich gut mit unseren Lilien, so wie es, gut leben.

  • Manfred sagt:

    Danke für die Aufschlüsselung!
    Aber, das Stadion ist zwar ‚Eigentum‘, nur wie sieht es mit den noch ausstehenden Verbindlichkeiten aus? – Wäre auch noch interessant!

  • Udo D. sagt:

    Die Lilien stehen wirtschaftlich gut da, das spricht für die Arbeit der Verantwortlichen in den letzten Jahren. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass man sich nicht (immer) kleiner machen muss als man ist. Das Underdog Image passt m E wahrlich nicht mehr und sollte auch nicht kultiviert werden.

  • Frank Hofmann sagt:

    Kann man so zusammen fassen: Annette Baumann macht einen großartigen Job und ihre Vorstandskollegen hören auf sie. Natürlich hat auch Präsi Fritsch als Boss eines großen namens im deutschen Fußball, bezogen auf die 125 Jahre die er als fast reiner Fußballverein mit hochklassigem Niveau existiert, einen großen Anteil an dieser Entwicklung. Darmsadt 98 ist wieder – und möge es so bleiben – ein gesundes mittelständiges Unternehmen auf dem Wirtschaftsgebiet professioneller Fußball zur Unterhaltung der Massen. Die Griechen fröhnten Olympia, Römer hatten ihre Gladiatoren, das heutige Großreiche des Finanzkapitalismus unter der Fahne der Angelsachsen hypen ihre Fußballer.
    Fritschs Interview zum „Standing“ des Vereins mit dem HR ist sehr lesenswert! Kann ich nur empfehlen. Es gibt nicht wenige Vereine, die nach dem Absturz (sportlich oder monetär) wieder zurück kamen.

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