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Einwurf: Warum Lieberknecht weiter der richtige Trainer ist

Füller, Einwurf, SV Darmstadt 98 - SV Werder Bremen

Füller, Einwurf, SV Darmstadt 98 - SV Werder Bremen

An der vergangenen Saison gibt es nichts schönzureden. Aber muss man deswegen jetzt Trainer Torsten Lieberknecht feuern? Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein findet das nicht.

Mit diesem Internet ist das so eine Sache. In aller Regel finden dort diejenigen am meisten Gehör und Applaus, die kritisieren, mahnen und Untergangsszenarien beschwören. Mit Blick auf den SV Darmstadt 98 kann man in den einschlägigen Foren gerade den Eindruck bekommen, dass der Verein nach dem Bundesliga-Abstieg gleich in die 3. Liga (oder noch weiter) durchgereicht wird, wenn er sich nicht sofort von Trainer Torsten Lieberknecht trennt.

Mit dem wahren Leben ist das eine andere Sache: Die Situation im Stadion deckt sich jedenfalls nicht mit den lauten Stimmen in den Foren. Auch in Dortmund waren nach der 0:4-Niederlage der Lilien „Lieberknecht, Lieberknecht“-Sprechchöre aus dem Darmstädter Block zu hören. Bei Lieberknecht, ohnehin ein emotionaler Typ, flossen in dieser Situation die Tränen (siehe Lilienblog-Fotogalerie).

Die Verbindung von Trainer und den Fans im Stadion ist also offensichtlich weiter intakt. So ein lautstarkes Votum gab es bei anderen Trainern in ähnlichen Situationen in aller Regel nicht. Im Gegenteil: Unvergessen sind da etwa die „Meier raus“-Rufe im Spätherbst 2016. Auch Lieberknechts direkte Vorgänger Dimitrios Grammozis und Markus Anfang genossen diese Wertschätzung nicht in diesem Ausmaß.

Der Misserfolg der Lilien hat viele Väter

Wichtig: Es soll hier nichts schöngeredet werden. Die abgelaufene Saison war in großen Teilen zutiefst enttäuschend. Lieberknecht hat selbst Fehler eingeräumt und die Verantwortung dafür übernommen. Doch der Misserfolg des SV Darmstadt 98 hat viele Väter. Den Trainer freizustellen, wäre natürlich der einfachste Weg.

Alle anderen Vereine im Tabellenkeller der Bundesliga haben während der abgelaufenen Spielzeit mindestens einmal den Trainer gewechselt – mit überschaubarem Erfolg. Der SV Darmstadt 98, der sich mal „Aus Tradition anders“ auf die Fahnen geschrieben hatte, ist diesen Weg nicht gegangen. Das ist auch ein Statement für die viel beschworene Kontinuität bei den Lilien.

Mit dem keineswegs unumstrittenen langfristig verlängerten Vertrag bis 2027 für und den vollmundigen Bekenntnissen zu Lieberknecht würde das Präsidium im Falle einer vorzeitigen Trennung ohnehin Gesicht und Glaubwürdigkeit verlieren. Es müsste dann selbst Konsequenzen aus seiner Fehleinschätzung ziehen. Insofern gibt es da auch eine Schicksalsgemeinschaft. Doch diese Frage stellt sich nicht – zumindest derzeit. Darmstadt wird in die kommende Saison mit Lieberknecht als Trainer gehen.

Was Lieberknecht schon zweimal geschafft hat

Die Herausforderungen sind groß: Zunächst müssen der Coach und der neue Sportdirektor Paul Fernie einen schlagkräftigen Kader zusammenzustellen. Und dann müssen der lange negative Flow und die schlechte Stimmung nach dieser deprimierenden Bundesliga-Saison gebrochen werden. Dass Lieberknecht ein starker Motivator und Menschenfänger ist, der in solchen Situationen einen Umschwung schaffen kann, hat er in Darmstadt bereits zweimal gezeigt.

Schon bei seinem Amtsantritt im Sommer 2021 war die Stimmung alles andere als gut. Zweitliga-Torschützenkönig Serdar Dursun war weg, Trainer Anfang verließ die Lilien sogar Hals über Kopf. Und sein Nachfolger Lieberknecht wurde nach seinen beiden Zweitliga-Abstiegen mit Braunschweig und Duisburg skeptisch empfangen. Der Saisonstart misslang mit zwei Niederlagen und dem Pokal-Aus bei Drittligist TSV 1860 München. Doch dann starteten die Lilien durch, begeisterten mit furiosem Offensivfußball und verfehlten den Aufstieg am Saisonende nur knapp.

Mit der Enttäuschung des verpassten Aufstiegs im Gepäck und ohne den damaligen Top-Torjäger Luca Pfeiffer starteten die Lilien dann in die Folgesaison und verloren das Auftaktspiel bei Jahn Regensburg. Aber auch da gelang unter Lieberknecht der Umschwung. Am Saisonende stieg Darmstadt mit einer im Vergleich zur Konkurrenz eher durchschnittlichen Mannschaft in die Bundesliga auf.

Auch wenn es keine Garantie gibt, dass die kommende Saison für den SV Darmstadt 98 gut und entspannt wird: Ein bisschen Vertrauen hat Lieberknecht vor diesem Hintergrund auf jeden Fall verdient.

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Bildquellen

  • SVD-SVS-2021-22-blog-0018: Arthur Schönbein
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