Das Präsidium des SV Darmstadt 98 hat zuletzt kein gutes Bild abgegeben, wobei es nicht nur um
die Trennung von Trainer Torsten Lieberknecht geht, wie Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein findet.
Vorab: Unter dem aktuellen Präsidium erlebt der SV Darmstadt 98 die wohl erfolgreichste Phase seiner gut 126 Jahre langen Vereinsgeschichte. Sportlich spielten die Lilien in den vergangenen zehn Spielzeiten drei in der Bundesliga. Wirtschaftlich steht man nach der Insolvenz 2008 auf einem soliden wirtschaftliche Fundament. Zudem wurde das traditionsreiche Stadion am Böllenfalltor erhalten und modernisiert. Dafür gebührt den handelnden Personen großer Respekt.
Aber: Zuletzt gab es Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen und eine Außendarstellung, die an mehreren Punkten mindestens unglücklich war. Und hier gibt es Erklärungsbedarf:
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Die absurde Vertragsdauer des Trainers
Völlig blauäugig, ohne Not und offenbar vor allem aus der Aufstiegseuphorie heraus wurde im Sommer 2023 der ohnehin noch bis 2025 laufende Vertrag mit Torsten Lieberknecht bis 2027 vorzeitig verlängert. Die Verantwortlichen haben dabei ganz offensichtlich nichts aus der Pleite mit Torsten Frings gelernt. 2017 hatte man den Vertrag mit dem Ex-Nationalspieler ebenfalls in einer erfolgreiche Phase vorzeitig verlängert, ihn dann rund drei Monate später beurlaubt und für die Restlaufzeit von zweieinhalb Jahren weiter das Gehalt gezahlt. Lieberknecht ist zwar – zumindest offiziell – selbst zurückgetreten und hat immer wieder bekräftigt, dass er Verträge nicht aussitzen werde. Aber man sollte nicht glauben, dass bei einer Restlaufzeit von fast drei Jahren die Zahlungen mit dem September-Gehalt abgeschlossen sind. Wie konnte man so einen Vertrag abschließen?
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Die mangelnde Rückendeckung für den Trainer
Als es unter Coach Markus Anfang im Winter 2021 nicht lief und die Kritik immer lauter wurde, stellten sich der damalige Sportliche Leiter Carsten Wehlmann, aber auch Präsident Rüdiger Fritsch demonstrativ vor den Coach (der den Verein dann wenige Monate später trotzdem verließ). In den vergangenen Wochen war von der Lilien-Führung so gut wie nichts zu hören gewesen, was nach Rückdeckung für den Trainer klang. Bezeichnend auch: Als sich Lieberknecht vergangene Woche auf der Geschäftsstelle verabschiedete, war gerade ein Präsidiumsmitglied vor Ort. Ein respektvoller Abschied sieht anders aus. Hat man dem Trainer wirklich die nötige Unterstützung gegeben?
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Die Fehleinschätzung nach dem Aufstieg
Erst war der abgewanderte Wehlmann Schuld, dann auch Lieberknecht – doch für die personellen Fehlentscheidungen, die zur verheerenden Bundesliga-Saison führten, ist das Präsidium ebenso verantwortlich. Nach dem Aufstieg 2015 hatte man sich bei den Lilien noch damit gebrüstet, dass man den Fehler anderer Aufsteiger nicht gemacht habe, zu sehr auf die Aufstiegsmannschaft zu bauen. Deswegen wurden bundesliga-erfahrene Spieler wie Peter Niemeyer, Konstatin Rausch, Luca Caldirola, aber auch ein Sandro Wagner ans Böllenfalltor geholt. Vergangene Saison lief man dann sehenden Auges mit einer allenfalls leicht aufgemöbelten Zweitliga-Mannschaft in den Bundesliga-Abstieg und eine Negativserie, die sich bis heute fortsetzt. Wie konnte das – wider besseren Wissens – passieren?
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Bildquellen
- SVD-f95-2024-25-blog-0034: Arthur Schönbein