Florian Kohfeldt schätzt Andreas Müller sehr, traut ihm sogar eine Führungsrolle zu. Aber der Coach des SV Darmstadt 98 sieht bei seinem Spieler auch noch Verbesserungspotenzial. So neige der 24-Jährige zu Überperfektionismus. Wenn im Training Lattenschießen auf dem Programm stehe, könne Müller 20 Bälle an die Latte schießen. Aber wenn er den 21. über das Tor schieße, sei er sauer und der ganze Tag sei für ihn gelaufen, hatte Kohfeldt vor einigen Wochen erklärt. Da müsse Müller noch an seiner Fehlerkultur arbeiten.
„Das zieht sich schon gefühlt durch, seit ich zwölf Jahre alt bin“, sagt Müller selbst. „Es kann gut sein, kann aber auch schlecht sein. Auf jeden Fall ist es keine schlechte Charaktereigenschaft, wenn man sich verbessern möchte. Und ein Grund, warum ich auch jetzt in der 2. Liga spiele.“ Zum Hintergrund: Der gebürtige Sinsheimer spielte bis zur B-Jugend bei 1899 Hoffenheim, wurde dann ausgemustert. Über den FC-Astoria Walldorf und den 1. FC Magdeburg schaffte er dann doch noch den Weg in den Profifußball.
Potenzial in der Passgenauigkeit
Wo er sich aktuell noch verbessern könne? „Fast überall“, sagt der Perfektionist. Besonderes Augenmerk liegt bei ihm als defensivem Mittelfeldspieler dabei auf der Passquote. Wenn ein Stürmer einen Fehlpass spiele, stehe eben noch der Rest des Mannschaftsblocks dahinter. Das sei bei ihm anders. „Wenn wir als Sechser oder Innenverteidiger die Pässe nicht an den Mann bekommen, dann kann es eben relativ schnell auch klingeln.“
Und da liege womöglich noch sein größtes Verbesserungspotenzial. „Wenn man sieht, was ein Toni Kroos über ein Jahrzehnt für eine Passquote hatte, dann kam das nicht von ungefähr. Er hat die Fehler minimiert.“ Das Passspiel hatte auch sein Trainer vor einigen Wochen moniert, als er sagte Müller habe im Zentrum den einen oder anderen Ball gespielt, der zu risikoreich gewesen sei. „Er muss sich bewusst sein, in welcher Rolle er ist“, sagte Kohfeldt.
„Wenn ein gefühlt 1,20 Meter großer Spieler hinten drin steht“
Insgesamt ändern die Tendenz zu Überperfektionismus und risikoreichen Pässen aber nichts an der Wertschätzung des Trainers. Seit Kohfeldt bei den Lilien im Amt ist, stand Müller jede Partie in der Startformation – in aller Regel auf der Doppelsechs neben Kai Klefisch. „Kai ist ein super Mitspieler im Zentrum, weil er brutal viel läuft. Der spult im Spiel gefühlt 13 Kilometer ab“, sagt Müller. „Es reichen wenige Kommandos von ihm oder von mir, dass der andere weiß, was er zu tun hat.“
Zu Saisonbeginn hatte er unter Kohfeldts Vorgänger Torsten Lieberknecht noch als zentraler Spieler in der Dreierabwehrkette ausgeholfen. Wobei er den teils kontrovers diskutierten Schachzug nicht besonders spektakulär sieht. „Es war ja schon eher so der Sechser, der sich im Spielaufbau hinten reinfällt“, sagt er. Das habe er noch aus seiner Zeit in Magdeburg gekannt. „Aber wenn ein gefühlt 1,20 Meter großer Spieler hinten drin steht, wird das natürlich für die Medien zum Thema“, sagt der 1,73 Meter große Müller grinsend.
„Sonst würden wir alle Champions League spielen“
Das 2:2 zum Rückrundenauftakt in Düsseldorf sieht er als typisches Spiel nach einer langen Pause mit teils etwas wilden Phasen. „Wir müssen wieder dahin zurückfinden, dass wir unser Spiel mit und gegen den Ball so lange wie möglich durchdrücken und dem Gegner aufzwingen. Da wolle die Mannschaft nun am Sonntag im Heimspiel gegen Paderborn anknüpfen. Wo sich die Mannschaft noch verbessern könne? „Ich glaube es kann überall noch besser werden“, sagt Müller und fügt an: „Sonst würden wir ja alle in der Champions League spielen.“
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Bildquellen
- SVD-spp-2024-25-blog-0018: Arthur Schönbein
Mir kommt Andi Müller in der öffentlichen Wahrnehmung auch oft zu schlecht weg bzw er wird sehr kritisch gesehen. Ich finde, Müller hat noch Entwicklungspotenzial und erhält auch zurecht Spielzeit.