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Lilien im Nebel – Kohfeldt: Das ist kein Pech

SSV Ulm 1846 - SV Darmstadt 98

SSV Ulm 1846 - SV Darmstadt 98

Der Mannschaftsbus des SV Darmstadt 98 wartete bereits mit laufendem Motor vor dem Medienraum des Donaustadions. Dennoch nahm sich Trainer Florian Kohfeldt nach der Pressekonferenz noch fast zehn Minuten Zeit für die beiden nach Ulm mitgereisten Journalisten aus Darmstadt. Wie so häufig konnte der Lilien-Coach die Niederlage seines Teams plausibel erklären. Die Lösung des Hauptproblems liegt allerdings nur bedingt in seiner Macht. 

Es gab auch gegen Ulm wieder einmal Zahlen, die für Darmstadt sprachen. Bei den Expected Goals beispielsweise lagen die Lilien 2,2 zu 0,8 vorn. Nach Toren stand es am Ende jedoch 1:2 gegen die Lilien. „Du kannst systematisch die bessere Mannschaft sein“, sagte Kohfeldt. „Aber die Jungs müssen lernen, dass das Spiel in kleinen Momenten entschieden werden kann.“

Es hatte Momente gegeben, da hätte sein Team das Spiel gegen einen keineswegs sattelfesten Gegner auf seine Seite ziehen können, etwa beim Pfostentreffer von Isac Lidberg vor der Pause. Oder in der freilich ziemlich vogelwilden Drangphase nach dem Anschlusstreffer durch Clemens Riedel. „Aber ich weigere mich zu sagen: Oh ja, das ist alles Pech. Nein, das ist kein Pech!“

„Willst du mich verarschen?“

Letztlich lässt sich die Ergebniskrise der Lilien auf einen Punkt konzentrieren: „Ich sage es mal ganz einfach: Wir müssen den Ball ins Tor schießen, weil wir mehr Torchancen als der Gegner haben. Viel mehr Wahrscheinlichkeit kannst du in einem Spiel nicht erwarten.“ Daran kann man im Training allerdings nur bedingt arbeiten. „Wenn ich da beispielsweise Isac den Ball hinlege und sage ‚Schieß den rein“‚ fragt der: ‚Willst du mich verarschen?'“ Dennoch greife er entschieden ein, wenn er sehe, dass die Mannschaft Fehler mache, sagte er und verwies auf seinen emotionalen Ausbruch in der öffentlichen Trainingseinheit am Dienstag.

Insgesamt glaube er jedoch weiter an die Qualität seiner Spieler. Er verwies auf seinen „alten Freund Marco Bode“ in Bremen, der in den ersten fünf Jahren seiner Karriere als der größte Chancentod in der Geschichte der Liga gegolten habe und am Ende seiner Karriere Rekordtorschütze des Vereins war. Mit Blick auf sein Team erklärte er: „Ich weiß, dass es da einen Entwicklungszeitraum gibt. Den versuchen wir zu verkürzen. Manche Dinge, so frustrierend sich das an solchen Abenden anhört, kommen über die Zeit.“

Kohfeldt mag damit Recht haben. Allerdings ist er seit nunmehr bald fünf Monaten im Amt. Und da muss die Frage schon erlaubt sein, wie lange so eine Entwicklung denn dauert. Die fünf Jahre Zeit, die sein Freund Bode in Bremen bekam, gibt es für das Lilien-Team nicht. Denn die Mannschaft taumelt gerade Richtung Abstiegszone, ist die zweitschwächste Rückrundenmannschaft. Nur Schlusslicht Regensburg ist bislang schlechter, könnte die Lilien aber mit einem Heimsieg am Sonntag gegen Nürnberg überholen. „Ich bin kein Freund von Panik“, sagt Kohfeldt. „Ich bin aber auch kein Freund, irgendwas wegzureden.“

Hat die Mannschaft den Ernst der Lage begriffen?

Da stellt sich aber auch die Frage, ob die Mannschaft den Ernst der Lage schon begriffen hat. Mit reichlich Pyrotechnik hatten die Ulm-Fans vor Anpfiff das Spielfeld in dichten Nebel gehüllt. Und dieser Nebel schien sich im Kopf der Lilien-Spieler irgendwie festgesetzt zu haben. Während Ulm sich mit Leidenschaft um den Sieg bemühte, wirkte der Lilien-Auftritt oft phlegmatisch und blutleer.

Symptomatisch auch: Am Ende hatten die Gastgeber fünf Gelbe Karten. Bei Darmstadt wurde dagegen nur der ohnehin ausgesprochen unglücklich agierende Merveille Papela verwarnt. Bei den zweiten Bällen gab es ein klares Übergewicht für Ulm, wie Clemens Riedel analysierte (siehe Interview), der als Kapitän nicht nur wegen seines ersten Profi-Tores vorangegangen war. Seine Forderung an die Mitspieler: „Wir müssen auch mal dreckig sein als Mannschaft.“

(korrigierte Version, Ulm-Fans statt Regensburg-Fans im vorletzten Absatz)

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Bildquellen

  • ulm-SVD-2024-25-blog-0004: Arthur Schönbein
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