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Florian Kohfeldt hat dem Lilienblog-Interview ein langes Interview gegeben. Im ersten Teil zieht der Trainer des SV Darmstadt 98 eine Bilanz der abgelaufenen Saison. Er verrät, wie er mit dem drohenden Worst-Case-Szenario Abstieg umgegangen ist, was ihn wirklich unruhig hat schlafen lassen und wie er sich den Leistungseinbruch im Winter nach dem Hoch im vergangenen Herbst erklärt. 

Herr Kohfeldt, wie froh sind sie eigentlich, dass diese Saison jetzt vorbei ist?

Oh, gar nicht so. Ich glaube, das ist ein sehr gutes Zeichen. Jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, dass ich auf den Urlaub hinarbeite. Ich arbeite auf etwas hin, worauf ich mich sehr freue: auf die neue Saison. Mit dem Klassenerhalt nach dem Münster-Spiel hat sich der Blickwinkel etwas verändert. Ich bin sehr lange sehr wachsam gewesen, weil diese Saison wirklich alle Zutaten hatte, dass sie richtig dramatisch wird. Natürlich bin ich froh, dass wir nächste Saison wieder bei null Punkten starten. Aber im Moment sind das die längsten Tage im Job, die total viel Spaß machen. Da ist keine Müdigkeit zu spüren.

Die längsten Tage, weil sie schon planen für die nächste Saison?

Ja, aber das läuft natürlich schon vorher im Hintergrund. Da sprechen wir über die Kaderplanung – also das Thema, was die Öffentlichkeit am meisten interessiert. Aber natürlich geht es auch darum, wie wir Abteilungen organisieren, wie die Informationen fließen oder was den Spielern am meisten hilft. Wir haben mit jedem aus dem Staff ein Mitarbeitergespräch geführt, um klarzumachen, wo die Aufgaben und wo die Ziele liegen. Das kostet viel Zeit, aber das macht auch mega viel Spaß.

Sie haben gesagt, sie waren bis zum Klassenerhalt sehr wachsam. Wie sehr hat sie das mögliche Worst-Case-Szenario gestresst?

Ich konnte eigentlich immer gut schlafen, weil ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, dass uns irgendwas bei der Leistung entgleist. Damit will ich nicht sagen, dass wir immer top gespielt haben. Aber die Basis war da und uns ist nie etwas entglitten in der Kabine. Wir hatten immer eine gute Gruppe. Wir hatten immer Positivität. Wir hatten immer ein gegenseitiges Unterstützen. Dennoch waren wir definitiv unzufrieden. Der einzige Faktor, der mich wirklich richtig schlecht hat schlafen lassen, war die Unsicherheit, welcher Spieler mir am nächsten Tag auf dem Trainingsplatz zur Verfügung steht. Das war eine riesige Herausforderung. Wir hatten in der Rückrunde gerade dreimal einen vollen Kader.

Sie sprechen häufig über Entwicklung. Welche Entwicklung haben sie diese Saison bei sich erlebt?

Ich weiß gar nicht, ob mir diese Saison eine konkrete Entwicklung gegeben hat. Ich merke schon, dass ich mit gewissen Dingen anders umgehe, als dass der Trainer Florian Kohfeldt vor acht Jahren gemacht hat. Die vergangene Woche hat mir einer meiner engsten Mitarbeiter gesagt: Hey Flo, auch in der Phase, als wir kein Ergebnis hatten, habe ich nicht das Gefühl gehabt, dass du Druck weitergibst. Das habe ich als großes Kompliment aufgefasst, weil ich glaube, dass es Teil meiner Aufgabe ist, Druck wegzunehmen von allen Beteiligten. Die Erfahrungen der Vergangenheit helfen mir definitiv. Nach jeder Saison nehme ich mir ein weißes Blatt Papier und schreibe auf, was meine persönlichen Erkenntnisse der Saison sind. So versuche ich, mich weiterzuentwickeln.

Und was könnte nach neun turbulenten Monaten in Darmstadt in diesem Sommer auf dem Papier stehen?

Wir haben extrem viel angeschoben – auf und neben den Platz. Mein fester Glaube ist, dass wir damit ein Fundament für die Zukunft haben. Aber wenn ich einen Satz aufschreiben soll, dann sind das die Lernbereitschaft und der Enthusiasmus der Spieler, den Fußball zu spielen, den ich gerne mit ihnen spielen will. Das hat mich beeindruckt.

Woran lag es, dass die Mannschaft die starken Leistungen aus dem Herbst später nicht mehr so oft abrufen konnte? Nur an den vielen Verletzten?

Das ist eine schwierige Frage. Trotz der Verletztensituation gab es auch Spiele, die wir auf unsere Seite hätten ziehen müssen. Allerdings haben wir es nicht immer verstanden, die richtige Entscheidung bei spielentscheidenden Situationen zu treffen, da müssen wir ein besseres Gespür für die Momente des Spiels entwickeln. In gewissen Phasen auf dem Platz war unsere Spielidee der einzige Anker, den wir hatten. Aber wir hatten eben nicht die Spieler, die als Anker auf dem Platz standen. Kein Kai Klefisch, kein Fraser Hornby, kein Isac Lidberg. Wir haben in der Flow-Phase gezeigt, dass wir es können. Aber das war nicht so fest, dass wir es unabhängig von den Personen konnten. Insofern schließt sich der Kreis doch wieder bei den Verletzten.

Im zweiten Teil des Lilienblog-Interviews mit Florian Kohfeldt geht es um den Ausblick auf die kommende Saison. Wo setzt er den Hebel an? Welche Spielertypen wünscht er sich? Wie geht er mit möglichen Abgängen um? Mehr dazu lest ihr am Donnerstag im Lilienblog.

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Bildquellen

  • fcp-SVD-2024-25-blog-0049g: Arthur Schönbein

4 Kommentare

  • De Maddin sagt:

    Äh, …

    „Ich konnte immer gut schlafen, …“ vs. „Der einzige Faktor, der mich wirklich richtig schlecht hat schlafen lassen, …“ ???
    Was meint hier „immer“? Immer so zwischen 23 und 3 Uhr und dann wieder von 4:30 bis 6 Uhr? Und die Zeit von 3 Uhr bis 4:30 war für den schlechten Schlaf wegen Spieler-Unsicherheit reserviert?

    Und „Ich weiß gar nicht, ob mir diese Saison eine konkrete Entwicklung gegeben hat.“ vs. „Wir haben extrem viel angeschoben – auf und neben den Platz.(…) Lernbereitschaft und der Enthusiasmus der Spieler, den Fußball zu spielen, den ich gerne mit ihnen spielen will.“ Lernbereitschaft ohne Entwicklung? Das wäre schlecht.

    Passt aber ein wenig zu den diversen Aussagen in den PKs: „Eigentlich haben wir immer gute Spiele gemacht“ vs. „Uns fehlen einige Basics, daher die Fehleranfälligkeit“.

    Herr Kohfeld, ich werde nicht so recht schlau aus Ihren Aussagen. Geht es Ihnen ähnlich?

    • Stephan Köhnlein sagt:

      Beim Schlaf fehlte ein „eigentlich“. Und bei der Entwicklung ging es um ihn persönlich. Das ist ein Unterschied zur Entwicklung der Mannschaft und im Verein.

  • MAX1898 sagt:

    Ich denke man muss immer differenzieren zwischen den Dingen die intern „angeschoben“ wurden und der Entwicklung der Mannschaft bzw. auch seiner Entwicklung über die 9 Monate.

    Die internen Dinge können wir nicht wirklich bewerten. Da gab es definitiv einige Veränderungen. Er spricht davon, dass er einiges verändert bzw. angepasst hat und das da die Entwicklung gut ist. Das glaube ich jetzt einfach mal. Auch weil ich mir dazu einfach keine Meinung bilden kann.

    Die Entwicklung der Mannschaft ist irgendwo in Regensburg geblieben. Seit diesem Spiel habe ich nämlich keine wirkliche Entwicklung mehr gesehen. Wenn dann eher in die Richtung zurück. Im Zeitraum von seiner Anstellung bis Regensburg kann man durchaus von einer Entwicklung sprechen.

    Ich denke bei ihm hat sich, zumindest was die eigentlichen Ligaspiele betrifft, nicht wirklich eine Entwicklung eingestellt. In meinen Augen werden immer noch die gleichen Aufstellungsfehler begangen. Auch was die Wechsel betrifft, hat er doch die gesamte Saison über immer das gleiche Muster gehabt. Ich hatte nicht den Eindruck das es da einen Fortschritt gab. Das Training wiederum kann ich ebenso wenig beurteilen.

    Ein Stückweit kann ich die doch zum Teil gegenteiligen Aussagen verstehen. Auf der einen Seite muss er die teilweise unterirdischen Leistungen der Mannschaft erklären, auf der anderen Seite will man als Trainer ja auch nicht ständig seine eigenen Spieler in die Pfanne hauen. Daher flüchtet man sich in Phrasen von „Entwicklung“, „Prozessen“ und sonstigen Beschreibungen um nicht sagen zu müssen, dass man eigentlich keinen Plan hat woran es wirklich liegt.

  • Katze vom Bosporus sagt:

    Gut schlafen? Da hat der Coach aber gute Nerven gehabt.
    Und Gespräche mit Mitarbeitern geführt, wie soll ich das verstehen?
    Mein Arbeitgeber versucht auch immer Gespräche zu führen, allerdings muss ich meinen Arbeitgeber manchmal sagen was er darf und was nicht.
    Bitte keine Ausreden und Floskeln mehr. Der leidende Lilienanhang und Fan, samt der Mitglieder, möchte nächste Saison eine schlagkräftige Mannschaft haben die vielleicht nicht ganz oben mitspielt, aber auch nichts mit Klassenerhalt zu tun hat.
    Siehe Karlsruhe, Nürnberg, Düsseldorf etc.

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