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Bei Phillip Tietz wegen dessen Abgang nachzutreten, ist ganz schlechter Stil, findet Lilienblog-Autor Stephan Köhnlein.

Jetzt ist er wirklich weg. Nach all dem „fast“, „kurz vor dem Abschluss“, „in trockenen Tüchern“, mit dem vor allem der Boulevard im Sommerloch während der vergangenen Wochen die Sportseiten gefüllt hatte, gaben am Mittwoch die beiden Vereine SV Darmstadt 98 und FC Augsburg den Wechsel von Phillip Tietz offiziell bekannt.

Zwei Jahre lang hat sich der mittlerweile 26 Jahre alte Angreifer bei den Lilien immer voll reingehängt. Seine Bilanz ist gut: In 72 Pflichtspielen gelangen ihm 29 Tore, 14 weitere Treffer legte er auf. Tietz erzielte entscheidende Tore. Das wichtigste war das 1:0 gegen Magdeburg, das dem Team den Aufstieg bescherte. Damit hat er sich für immer einen Platz in der Lilien-Geschichte gesichert.

Auch wenn Tietz nicht in jedem Spiel zu den Besten gehörte – es gab keine Partie, in der er sein Herz nicht auf dem Platz gelassen hätte. Selbst in der vergangenen Woche, als sein Wechsel schon „nahezu perfekt“ war, zeigte er sich beim Trainingsauftakt engagiert und fokussiert. Und beim Testspiel bei Bad König trug er sich noch doppelt in die Torschützenliste ein.

Ein geldgieriger Söldner?

Schade, dass er jetzt weg ist. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn er bis an sein Karriereende mit den Lilien durch dick und dünn gegangen wäre. Die Enttäuschung über seinen Abgang ist verständlich.

Dass er nun sein Glück in Augsburg sucht, ist aber sein gutes Recht. Ein Fußballer kann im Idealfall etwa 15 Jahre lang gutes Geld verdienen. Es ist naheliegend, dass er in dieser Zeit versucht, das Optimum für sich herauszuholen. Und die finanziellen Möglichkeiten in Augsburg sind nach zwölf Jahren ununterbrochen in der Bundesliga sicher besser als in Darmstadt.

Tietz jetzt als geldgierigen Söldner hinzustellen, ist jedoch ein übles Foulspiel. Alle, die ihn verurteilen, sollten sich selbst ehrlich fragen, ob sie ihren eigenen Job weitermachen würden, wenn sie bei einem anderen Arbeitgeber mehr Geld bekämen und mutmaßlich bessere Entwicklungschancen hätten? Und selbst wenn jemand diese Frage für sich positiv beantworten könnte: Was gibt ihm das moralische Recht, das von anderen einzufordern?

Dimensionen wie bei Wagner

Phillip Tietz gebührt Dank – auch für seinen Wechsel. Ablösefrei war er vor zwei Jahren vom SV Wehen Wiesbaden ans Böllenfalltor gekommen. Jetzt spült er den Lilien dem Vernehmen nach eine ähnlich hohe Summe in die Kasse wie einst Sandro Wagner – und der hatte zuvor immerhin beim FC Bayern, Werder Bremen oder Hertha BSC gespielt.

Präsident Rüdiger Fritsch hatte bereits im Winter im Lilienblog-Interview darauf verwiesen, dass der SV Darmstadt 98 auf Dauer einen Transferüberschuss erzielen müsse und dass das bedeute, das man sich von dem einen oder andern liebgewonnenen Spieler trennen müsse. Auch Vereine wie Freiburg oder Mainz, die gerne als Vorbild für die Lilien herhalten, hätten sich mit Transferüberschüssen und einem guten Scouting für nachfolgende Spieler in der Bundesliga etabliert.

Endlich wieder Geld für einen Leistungsträger

In einem Jahr wäre der Vertrag von Tietz ausgelaufen. Dann hätte er wie zuletzt Serdar Dursun und Patric Pfeiffer ablösefrei wechseln können. Womöglich wäre dann der Aufruhr noch größer als jetzt gewesen. Und wahrscheinlich wären dann auch einige darunter gewesen, die jetzt gegen Tietz nachtreten.

Mal ganz theoretisch-hypothetisch: Was wäre denn, wenn Tietz gerne noch ein Jahr geblieben wäre? Und wenn der Verein selbst den Wechsel forciert hätte, um endlich die angekündigten und womöglich auch benötigten Transfereinnahmen zu erzielen und sich nicht wieder dafür rechtfertigen zu müssen, wieder einen Leistungsträger ablösefrei ziehen zu lassen?

Fußball ist Emotion. Profifußball ist aber auch ein Millionengeschäft, in dem ein Verein allein mit Slogans wie „Elf Freunde müsst ihr sein“ oder „Aus Tradition anders“ auf Dauer nicht bestehen wird.

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Bildquellen

  • SVD-SVS-2021-22-blog-0018: Arthur Schönbein

13 Kommentare

  • Mark sagt:

    Er wird fehlen…sehr sogar. Nicht wegen seiner Tore, sondern wegen seiner Einstellung und seinem Team-Geist…
    Phillip Tietz hat uns viele schöne Momente beschert… deswegen bin ich traurig, dass er geht, aber keinesfalls sollte uns das verstimmen…
    Ich möchte viel lieber Danke sagen….und ihm Alles Gute wünschen… manchmal sieht man sich ja auch 2x…
    Respekt, Achtung und Toleranz sind wertvolle Tugenden, erst Recht in unserer jetzigen von Geld geprägten Gesellschaft…Diese Werte gehören aus meiner Sicht auch zu unserem Verein…und deswegen kann und möchte ich mich gerne damit identifizieren….
    Danke Philipp Tietz und Danke SV98
    Ich freue mich auf das was kommt….

  • Bernd sagt:

    Danke. So und jetzt noch Schuhen nach Stuttgart und Manu nach Schalke. Das wäre perfekt. Die Ablöse investieren wir in Altenpfleger für Holland, Kempe, Zimmermann und Gjasula.

  • Ruppert Frank Thomas sagt:

    Naja , dass alle Lilienfans, sein direkter Förderer Torsten Lieberknecht sowie Herr Wehlmann und unser Lilienpräsident Herr Fritsch, keine Freudentänze für Herrn P.T. mehr aufführen werden list wohl eindeutig nachvollziehbar. Alle haben an P.T. geglaubt und fest damit gerechnet, das er den Lilien auch und gerade in Liga 1 weiter treu bleibt und den sehr steinigen Weg mitgeht. PUSTEKUCHEN ! Da schleicht hintenrum und klammheimlich der Herr Reuter mit dem Megaangebot und einem prall gefüllten Sack Geld um die Ecke und schwupps, will Herr P.T. einfach nicht mehr bei den Lilien verlängern. Warum nur ?????? Bei uns hat er sich top entwickelt und richtig gut geworden. Für sehr viele gerade junge Lilienanhänger war er ein Vorbild , Kämpfer und Anführer, und jetzt???? Mit seinem Abgang zur Konkurrenz hat er nicht nur alle bitte enttäuscht, sondern auch unseren Sportverein sehr geschwächt. JETZT in seiner kraftvollen und sportlichen Blüte, lässt er uns brutal im Stich. Alle haben hier auf P.T. gesetzt !!! Ich auch. Deshalb ist nach herber Enttäuschung auch harte Kritik erlaubt. Das hat mit nachtreten rein gar nichts zu tun . Untreue hat sich langfristig in allen Lebensbereichen noch nie ausgezahlt. Gilt auch für P. Pfeiffer. Für beide Ex Lilien : Danke für Euren Einsatz . So, und zum Thema Ablösesumme bzgl. P.T. nur soviel : Herr Wehlmann oder unser Präsident Herr Fritsch, hätten auch 4 oder 5 Millionen fordern können , aber bekommen hätten die Lilien diesen Betrag nicht. Dann hätte P.T das eine Jahr mehr oder weniger angefressen abgeleistet und wäre danach ohne Ablöse abgehauen. Ein Spieler der unbedingt weg will kann man nicht halten . So ist Profifussball und das reale Leben. Ob es uns gefällt oder nicht. In diesem Sinne , Lilieblueheart

  • Katze vom Bosborus sagt:

    Schade, der Spieler geht in seinem Alter halt dahin wo es viel mehr Geld gibt. Und ein Vierjahresvertrag mit viel mehr Geld gibt Planungssicherheit. Ob P.T dort glücklich sein wird steht auf einem anderen Blatt. Danke für die wichtigen Tore. Aber jetzt müssen die Lilien einen richtigen und Bundesliga-tauglichen Stürmer verpflichten. Ich denke es ist mit mickrigen Zwei Millionen die man einnimmt fast unmöglich. Einen wie Sandro Wagner werden wir zum Nulltarif nicht mehr bekommen. Einfach schade.

  • Frank Hofmann sagt:

    Ich sehe da keinen Verlust. Das Interesse war schon lange seitens Augsburg da. Der deal war doch fair. Aufstieg und dann Ablöse. Unser Scoutingteam hat bisher immer geliefert. Und ich bin sogar der Meinung man hat einen sehr guten Ersatz am Haken. Die Transferperiode ist noch lang genug. Und dann muss der Rest der Truppe liefern. Auch die Jungs bekommen natürlich mehr Geld in dieser Liga dafür. Weitere Abgänge dürfte es noch geben. Und auch da wird sich die Scoutingtruppe Gedanken machen. Pfeiffer wurde auch schon früh hofiert. Und auch da hat man sich mit Augsburg fair geeinigt. Rotation gehört im heutigen Fußball nun mal dazu. Und die Trainertruppe ist bisher in DA darauf eingestellt. Bin gespannt wer noch so kommt und geht.

  • achtundneunzig sagt:

    Boah, diesen ganzen miesen Neuzugänge, alles Söldner, unterschreiben nur wegen des Geldes beim SV und hinterlassen ein emotionales Trümmerfeld beim alten Verein. Und der Darmstadt-Fans so: Geile Verstärkung, herzlich willkommen blafasel. Einzig Bernd bleibt sich treu, der motzt über Zu- und Abgänge 😁

  • Udo Klug sagt:

    Welcome Fraser. Tschüss Phil.

    Mit unserer Trümmertruppe lassen wir Bochum, Stuttgart und AUGSBURG hinter uns. Wieviele Grohe dagegen? Ich halte.

  • Julian sagt:

    Ich kann deinen Einwurf nicht teilen. Fußball ist ein hartes Geschäft – da stimme ich dir zu. Aber es ärgert sich doch niemand darüber, dass er nicht gezwungen wurde, seinen Vertrag in Darmstadt bis zum Ende zu erfüllen. Er wollte gehen, obwohl er in die Bundesliga aufgestiegen ist, obwohl sein bester Freund mit ihm in einer Mannschaft spielt, obwohl sein Schicksals-Trainer ihn hier betreut, obwohl er sich vor viele Kameras gestellt und von den Fans, dem Verein und dem Zusammenhalt geschwärmt hat. Und das sind die Gründe, warum viele Fans enttäuscht sind. Der Verein hat das einzig Richtige gemacht und Kapital daraus geschlagen.
    Folge ich deiner Argumentation, brauche ich Tietz auch für nichts dankbar zu sein: Er hatte einen Arbeitsvertrag und diesen erfüllt – mit Toren und Einsatz. Aber eine glasklare Business-Brille wirkt in meinen Augen genauso verklärt wie der tränengetrübte Blick durch rosablaue Liliengläser.
    Ja, Tietz hat begeistert. Durch seinen Einsatz und seine Hingabe für den Verein. Dafür bin ich ihm dankbar. Aber er muss jetzt auch ertragen, dass er von vielen Darmstädtern an seinen Worten gemessen wird – und das ist auch Teil des Geschäfts.

    • Stephan Köhnlein sagt:

      Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich habe beim Einwurf keinen Unfehlbarkeitsanspruch, das ist nur (m)eine Meinung und als Diskussionsanstoß gedacht. Ich möchte damit in der Regel den Fokus etwas verschieben wie jetzt auch bei Tietz.
      Ich habe in den vergangenen Wochen nicht mit ihm gesprochen und weiß nicht, wie stark sein Drang tatsächlich war, jetzt zu gehen. Ich kann mir aber gut vorstellen, wie groß die Empörung gewesen wäre, wenn er dann im kommenden Sommer nach Pfeiffer und Dursun als der nächste Leistungsträger ablösefrei gegangen wäre. Das hätten viele den Verantwortlichen um die Ohren gehauen. Jetzt haben sie Ruhe und rund zwei Millionen Euro Ablöse.
      Die Hinweise auf besten Freund, Schicksals-Trainer oder das Schwärmen für den Zusammenhalt sehe ich nicht als Gründe dafür, dass Tietz sein Leben lang in Darmstadt bleiben muss. Das wäre für mich der Blick durch die rosa-blauen Lilien-Gläser.
      Und ich finde, dass er seinen Arbeitsvertrag weit mehr als nur erfüllt hat. In den vergangenen Jahren hatten nur Dursun und Pfeiffer eine bessere Torquote bei den Lilien. Egal, ob man jetzt enttäuscht ist oder nicht – dass man Tietz Dreck nachwirft, hat er auf jeden Fall nicht verdient.

      • Julian sagt:

        Da stehe ich auf deiner Seite: Dreck nachwerfen hat er nicht verdient.

        Er wurde bei Sky kurz nach dem Aufstieg gefragt, ob er seinen Fans versprechen kann, auch nächste Saison eine Lilie zu sein. Damals verwies er darauf, wie glücklich er in Darmstadt sei, das Geschäft im Fußball aber sehr wechselhaft. Ich dachte, dass er davon ausgeht, dass der Verein seinen Einsatz vergolden möchte und er sich vorausschauend selbst schützt. Als mir später bekannt wurde, dass er seinen Vertrag nicht verlängern möchte, wurde ich mir meiner Naivität bewusst.
        Hier bin ich bei dir und sage: Endlich Geld für einen Leistungsträger.

        Er hatte eine sehr positive Ausstrahlung und eine starke Persönlichkeit. Daher waren meine Kinder große Fans von ihm (wie auch von Schuhen). Dass er sein Leben lang in Darmstadt bleibt, habe ich in meinem Kommentar aber gar nicht geschrieben und im echten Leben schon gar nicht erwartet. Aber vielleicht, dass er seinen Vertrag verlängert und den Klassenerhalt mit der Mannschaft und den Fans, die er so lange gelobt hat, erreichen möchte – mit Ausstiegsklausel bei Abstieg. Diese Tat hätte mehr zu seinen Worten gepasst. Aber hier trage ich wohl doch zu dicke rosa-blauen Lilien-Gläser.

        Tietzer, alles Gute.

  • Steffen sagt:

    Best wishes, Tiezer!
    PS: Nachtreten ist Mist.

  • leon sagt:

    ach dem Philipp bin ich nich sauer, sauer bin ich auf Augsburg
    wird zeit das der zum fca-bsteiger wird un des saison ziel sollt sein, vor den fuckerstättern zu landen:D

  • achtundneunzig sagt:

    Nach dem heutigen Interview von PT im Kicker ist er bei mir durch.

    „aber sie haben nicht so intensiv um meinen Verbleib gekämpft. Es hätte aber auch nichts gebracht“

    „Für mich werden Mittelstürmer nicht danach bewertet, wie viele Tore sie schießen“ Da bin ich aber mal gespannt, wie der FCA das bewertet, wenn weder Tore noch Scorerpunkte geliefert werden 🙂

    „Stürmer wie Giroud und ich „

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