Frankfurt, Offenbach oder Mannheim – in manchen Spielen geht es auch für den SV Darmstadt 98 um mehr als nur drei Punkte. Kein Sieg ist schöner, keine Niederlage schmerzhafter als gegen den Erzrivalen. Doch was genau ist Rivalität eigentlich? Prof. Dr. Johannes Berendt von der Hochschule Hannover hat zehn Fakten zur Rivalität aus wissenschaftlicher Sicht zusammengetragen.
- Rivalität ist eine besondere Wettbewerbsbeziehung, die auf einer gemeinsamen Historie beruht und weit über normalen Wettbewerb hinausgeht. Besonders gut lässt sich das im Sport beobachten, sei es zwischen Mannschaften oder Fans.
- Rivalität ist zentral für die Identität einer Gruppe. So definieren sich Fans nicht nur darüber, wer sie sind, sondern insbesondere darüber, wer sie nicht sind.
- Rivalität löst sogenannte „legacy concerns“ (Vermächtnisbedenken) aus. Jedes Derby hat das Potential, in die Geschichte einzugehen. An große Siege, große Niederlagen und besondere Vorkommnisse wird man sich sehr lange erinnern.
- Rivalität ist ein zweischneidiges Schwert mit positiven und negativen Effekten. Im Vergleich zu normalem Wettbewerb erhöht Rivalität die Leistung und Motivation, den Gruppenzusammenhalt und die Gruppenbesonderheit.
- Negative Effekte sind Schadenfreude, Beleidigungen, Ausschreitungen, Hass und Gewalt.
- Fans lieben es, über den Erzrivalen herzuziehen und wünschen ihm alles Schlechte. Insgeheim würden sie im Notfall aber für ihn spenden (Beispiel: die Spende des Vereins für Hessen Kassel und umgekehrt). Denn ohne den Rivalen würde etwas fehlen; ein wichtiger Bestandteil der eigenen Identität würde verloren gehen.
- Wenn Fans den Rivalen in einer fiktiven Saison-Abschlusstabelle frei platzieren könnten, wählen überraschend viele den 15. Platz. Der letzte Nicht-Abstiegsplatz maximiert das Leid des Rivalen unter der Bedingung, dass die Rivalität in der nächsten Saison fortgesetzt werden kann. Eine große Mehrheit will nicht, dass der Rivale absteigt.
- Vereinsverantwortliche kommunizieren vor Derbys oft falsch. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das Herunterspielen von Rivalität („Das Derby ist kein Krieg, es geht auch nur um drei Punkte“) Fan-Aggressionen erhöht. Das liegt daran, dass Rivalität als zentraler Teil der Identität nicht wertgeschätzt wird. Besser wäre es, auf übergeordneter Ebene Gemeinsamkeiten zwischen den Rivalen aufzubauen, z.B. „Ihr seid Dortmunder, wir sind Schalker, aber gemeinsam stehen wir für das Ruhrgebiet und eine tolle Tradition“. Das reduziert Fan-Aggressionen – zumindest in wissenschaftlichen Studien.
- Die besten Rivalitäten beruhen auf Gegenseitigkeit. Das sind schlechte Nachrichten für Hoffenheim, die weder von Darmstadt noch von Frankfurt oder Stuttgart ernsthaft als Rivale gesehen werden.
- Auch Marken außerhalb des Sports tragen Rivalitäten aus, wie z.B. Coke-Pepsi, McDonald`s-Burger King und Apple-Samsung. Auch hier lassen sich positive Effekte feststellen. So stärkt Rivalität die Markenpositionierung und die Gruppenbesonderheit.
Und hier könnt ihr an einer Umfrage der Hochschule Hannover zum Thema Lilien-Fans und Polizei teilnehmen.
Bildquellen
- SGE-SVD-2022-23-pokal-blog-0008: Arthur Schönbein