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Clemens Riedel ist das Vorzeigebeispiel: In den vergangenen sechs Partien des SV Darmstadt 98 spielte der 19 Jahre alte Abwehrspieler jeweils 90 Minuten durch und bot dabei – von wenigen Ausnahmen abgesehen – gute Leistungen. Noch als A-Jugendlicher hatte er zu Beginn der vergangenen Saison bei den Profis debütiert, nachdem zahlreiche Stammspieler wegen Corona ausgefallen waren. Heute hat er 25 Zweitliga-Einsätze auf dem Konto. Seine Entwicklung soll anderen Talente aus der Region signalisieren, dass der Weg zu den Profis am Böllenfalltor machbar ist, wie Trainer Torsten Lieberknecht hofft.

Darmstadt als gute Adresse für junge Spieler? Das war lange nicht der Fall. Wer erinnert sich zum Beispiel noch an Timon Fröhlich, Leo Petri oder Alexander Vogler? Die obligatorischen vier Local-Player, also im Verein ausgebildete Spieler im Alter von 15 bis 21 mit mindestens drei Jahren Vereinszugehörigkeit, gab es lange vor allem auf dem Papier. Bei den Profis sah man sie selten. Vor Riedel hatte es zuletzt Burak Bilgin Anfang der Saison 2012/13 als Spieler aus dem Lilien-Nachwuchs zu einem Startelfeinsatz in der ersten Mannschaft gebracht.

Torsiello könnte der nächste sein

Lieberknecht, der seit Sommer 2021 Chefcoach ist, gilt jedoch als großer Förderer junger Spieler. In seiner Braunschweiger Zeit zog er auch die heutigen Stammspieler Braydon Manu und Phillip Tietz zu den Profis dazu. Kürzlich beim Testspiel gegen Sandhausen bescherte er sogar den beiden U17-Spielern Tim Arnold und Mateo Zelic ein paar Minuten Einsatzzeit. “Das soll auch ein Zeichen sein, dass die Tür bei mir immer offen ist, als junger Spieler eine Chance zu bekommen”, sagte er.

Tatsächlich gibt es eine Reihe vielversprechender Talente bei den Lilien. Die spannendste Personalie ist wahrscheinlich Fabio Torsiello. Der gebürtige Darmstädter mit italienischen Wurzeln spielt im ersten A-Jugendjahr, durfte aber bereits Profi-Luft schnuppern. Im Spiel gegen Kaiserslautern verhinderte der Pfosten das erste Zweitliga-Tor des 18-jährigen Angreifers. Den viermaligen U18-Nationalspieler hat der SV Darmstadt 98 nach längeren Verhandlungen bis 2026 gebunden.

SV Darmstadt 98 - 1 FC Kaiserslautern

Der Pfosten verhinderte das erste Zweitliga-Tor – Fabio Torsiello im Spiel gegen Kaiserslautern

Neues Stufenmodell beim SV Darmstadt 98 trägt Früchte

Regelmäßig beim Training der Profis dabei ist auch Philipp Sonn (18). Der Mittelfeldspieler, der diese Spielzeit noch für die A-Junioren spielberechtigt war, debütierte wie Riedel Anfang der vergangenen Saison in der 2. Liga und wurde mit damals 16 Jahren jüngster Spieler in der Liga-Geschichte des Vereins. Ebenfalls bereits bei den Profis hereinschnuppern durfte Nico Baier, der am 18. April volljährig wird: Beim Pokalspiel gegen Gladbach saß der polnische U18-Nationalspieler auf der Bank. Für die gute Nachwuchsarbeit spricht auch, dass zuletzt sieben Junglilien (fünf direkt, zwei auf Abruf) für U-Nationalteams nominiert waren.

Für den neuen Darmstädter Jugendstil ist nicht allein Chef-Coach Lieberknecht verantwortlich. Der Verein hat in den vergangenen Jahren auch entsprechende Strukturen geschaffen. So gilt seit Sommer 2021 ein langfristiges Stufenmodell, um die Entwicklung der Nachwuchsspieler individuell fördern zu können und ihnen den Übergang zu den Profis zu erleichtern. Für die Schnittstelle zwischen Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und Profis machte man den früheren Lilien-Spieler Pascal Pellowski zum Übergangskoordinator. Zudem holte man den früheren Co-Trainer von Torsten Frings, Björn Müller, zurück nach Darmstadt und machte ihn im NLZ neben Leiter Björn Kopper zum sportlichen Leiter.

Trotz der Abstiege: Im Nachwuchs wird nichts zurückgefahren

Ironie der gesamten Entwicklung ist, dass sich heute zwar so viele Nachwuchsspieler wie schon lange nicht mehr im Umkreis der Profis tummeln, zugleich aber die U19 und die U17 aus der Bundesliga abgestiegen sind. Allerdings ist der Wert der Bundesliga ohnehin umstritten. Schön länger gibt es die Idee, im U17- und U19-Bereich den Ligabetrieb durch eine NLZ-Liga zu ersetzen. Die Nachwuchsleistungszentren befürworten das, würde es doch den Abstiegsdruck für die Jugendlichen nehmen.

Trotz der Abstiege wird man beim SV Darmstadt 98 die Rahmenbedingungen in der Ausbildung wie Internat, Schulkooperationen, Mitarbeiter oder Individualtrainer beibehalten und teilweise sogar noch erweitert. In keinem Bereich werde man etwas zurückfahren, betont Kopper und fügt an: “Wer die Qualität und die Einstellung mitbringt, der kann in Darmstadt zum Profi werden.” Müller erklärt die neue Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs und Profis folgendermaßen: “Das sind keine Bonbons, die Torsten (Lieberknecht) da verteilt. Sie erarbeiten sich das selbst. Wir bilden sie gut aus. Und dann müssen die Spieler selbst durch die Tür gehen.”

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Bildquellen

  • SVD-FCK-2022-23-blog-0059: Arthur Schönbein

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